Am Donnerstag, den 14. Februar 2019, besuchte die zehnte Klasse eine Aufführung im Marguerre-Saal des Stadttheaters Heidelberg. Im Vergleich zu den bisherigen Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler handelte es sich bei Schillers „Don Karlos" um einen wirklichen „Erwachsenentheaterbesuch" am Abend, bei dem wir den Altersdurchschnitt der Besucher nicht nur deutlich senkten, sondern bei der dreistündigen Spielzeit auch Durchhaltevermögen und Aufmerksamkeitskapazität unter Beweise stellten.
Philipp II. ist der scheinbar allmächtige Herrscher eines Weltreichs, der mit unbarmherziger Tyrannenhand seine Untertanen regiert. Die berüchtigte spanische Inquisition waltet und schaltet uneingeschränkt im Kampf gegen unliebsame Protestanten. Don Karlos ältester Freund ist aus Brüssel angereist, nach langer Zeit sehen sie sich endlich wieder – doch Marquis von Posa liegt nur eines am Herzen: Er möchte den spanischen Kronprinzen von seinen politischen Plänen überzeugen und bittet um Unterstützung bei der Befreiung der Niederlande gegen die spanische Fremdherrschaft. Aber Don Karlos hat gerade keinen Sinn für Politik, liebt er doch immer noch Elisabeth, seine ehemalige Verlobte, inzwischen aber Frau seines Vaters, des spanischen Königs. Inzwischen nehmen gleich mehrere Intrigen ihren Lauf.
Zwar wurde die Lektüre im Deutschunterricht nicht im Detail behandelt. Dennoch wurde der Theaterbesuch als Anlass genommen, im Voraus den Inhalt und einige Besonderheiten der Aufführung mithilfe theaterpädagogischer Übungen zu erschließen, sodass besonders auf die Umsetzung verschiedener Konflikte durch Sprache, Gestik, Mimik sowie körperliche Nähe und Distanz geachtet werden konnte.
Auch wenn das Stück vordergründig politisch-gesellschaftliche Konflikte des Achtzigjährigen Krieges, in dem die niederländischen Provinzen ihre Unabhängigkeit von Spanien erkämpften, und familiär-soziale Intrigen am Hofe von König Philipp II. behandelt, werden darin zeitlose und hochgradig brisante Fragestellungen diskutiert: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Wie legitimiert sich Macht? Zu welchen Mitteln sind Menschen bereit zu greifen, wenn sie sich für Überzeugungen und Ideale einsetzen? Welche Verantwortung hat jeder einzelne in einem gesellschaftlichen System? Welchen Wert hat Freiheit für uns?
Die Regisseurin Isabel Osthues stellte in ihrer Umsetzung die Macht der Sprache in den Vordergrund und erreichte damit eine besondere Eindringlichkeit dieser Themenfelder. Sehr begeistert waren viele Schülerinnen und Schüler vom technisch raffinierten Bühnenbild, welches mit speziellen Licht- und Leinwandeffekten eine stimmungsvolle Atmosphäre transportierte.
Für Diskussionsbedarf sorgte der etwas ungewöhnliche Schluss, da die letzten Verse durch die Einblendung „Da es so ist, bleibt es nicht so" (Bertolt Brecht) ersetzt und so Möglichkeiten für eigene Deutungshypothesen geschaffen wurden.